Von der strengen Mädchenschule zur lebendigen Kiezschule

Wenn ihr von der Sonnenallee in den kurzen Abschnitt der Pannierstraße einbiegt und dann die Donaustraße entlang lauft, erreicht ihr nach wenigen Metern die Rixdorfer Schule. Hinter hohen Bäumen und einer langgestreckten Mauer verbirgt sich hier die einst größte Schule Deutschlands. Heute erfahrt ihr etwas über die wechselvolle Vergangenheit dieser Schule

Foto: Birgit Leiß

Quelle: Museum Neukölln

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Im schönen, großen Hof, wo heute fast 400 Jungen und Mädchen umherrennen, klettern oder Kettcar fahren, spielten vor 110 Jahren ausschließlich Mädchen. Geschlechtertrennung war damals die Norm. Es war 1909, als beschlossen wurde, in der Donaustraße 120-127 eine Mädchen-Mittelschule zu bauen. Der Neubau stammt aus der Feder des berühmten Architekten Reinhold Kiehl, der viele wichtige Bauten im Bezirk entworfen hat, etwa das Rathaus Neukölln oder das Stadtbad. Doch die Mädchen waren nicht lange unter sich. Bereits 1912 wurde beschlossen, auf dem Restgrundstück eine Knaben-Mittelschule zu bauen. 1913 wurde dieser Erweiterungsbau eingeweiht. Außerdem wurde die staatliche Baugewerkschule im Gebäude untergebracht. So entstand der Schulkomplex, wie ihr ihn heute vor euch seht. Während des 1. Weltkriegs waren hier eine Kadettenschule und ein Lazarett untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie jahrzehntelang überwiegend als Berufsschule genutzt. 1985 wurde das Schulhaus umgebaut, um es wieder als Grundschule nutzen zu können. Zwei Jahre später erhielt die Schule den Namen Rixdorfer Grundschule.

Unterrichten im neuen Zeitalter

2011, als das 100-jährige Jubiläum gefeiert wurde, hatte sich im Innern des altehrwürdigen, mittlerweile denkmalgeschützten Gebäude allerhand getan.  Als eine der ersten Schulen in Berlin waren bereits 1987 erste Modellklassen der zweisprachigen Erziehung Deutsch/Türkisch eingerichtet worden. Seit 2008 ist sie zudem eine Gebundene Ganztagsschule. Statt strenger Regeln wie „Lachen und Herumgucken sind verboten“ ist die Schule heute ein Ort, wo gemeinsam gelernt und gespielt wird und wo Kinder mitbestimmen dürfen. „Ganz klasse“ finden die Kinder ihren Schulhof, der viel Platz zum Klettern, Spielen und Toben bietet. 2012 war er mit Mitteln aus dem Programm Soziale Stadt zu einer attraktiven Spiel- und Bewegungslandschaft umgestaltet worden. Jeden Nachmittag nach Schulschluss verwandelt er sich in einen Spielplatz, der auch Kindern aus der Nachbarschaft offen steht. Schließlich gibt es im Quartier viel zu wenig Freiflächen. Die Jungen und Mädchen können mit dem Team der „Playstars“ Seil springen, Inlineskaten, Ball spielen und vieles mehr.  Mit Unterstützung des Quartiersmanagements Donaustrasse Nord war zudem 2012 in der ehemaligen Hausmeisterwohnung ein Elterncafé eingerichtet worden.

Kreidefrei und vielseitig

Trotz der guten Ausstattung und des engagierten Kollegiums hatte die Rixdorfer Schule lange Zeit ein schlechtes Image. Bildungsbewusste Eltern meldeten ihre Kinder lieber an anderen Schulen an. Doch das hat sich seit einigen Jahren gewandelt, berichtet der junge Schulleiter Andreas Kolbe: „Das große, alte Gebäude ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können, auch IT-mäßig sind wir sehr gut aufgestellt“. Zum Tag der offenen Tür am 18. September kamen scharenweise gut informierte, interessierte Eltern. Mit den künftigen Schülerinnen und Schülern an der Hand - zum Teil sogar noch im Tragetuch - schauten sie sich das Gebäude an. „Was für ein Luxus!“ entfuhr es einem Vater, als er erfuhr, dass jede Klasse neben dem Klassenzimmer auch noch einen extra Gruppen- und Spielraum hat. Platzmangel herrscht hier nicht, ursprünglich war die Schule auf 1000 Plätze ausgelegt. Auch der Schulgarten und die 2013 eröffnete Lernwerkstatt kamen bei den Eltern gut an. Die Klassen sind klein, auf unterschiedliche Leistungsstärken wird eingegangen. Alle Klassenräume sind mit interaktiven Tafeln (Whiteboards) ausgestattet. Die Schule ist nämlich seit 2012 kreidefrei, erfuhren die erstaunten Eltern.  Es gibt viele Kooperationspartner, unter anderem die Musikhochschule Paul Hindemith und  - wenn nicht gerade Corona ist – zahlreiche AGs, von Keramik über Kopfball bis hin zum Roboterbauen. „Wir freuen uns sehr, dass sich immer mehr Eltern für unsere Schule entscheiden“, meint der Schulleiter. „Die soziale Durchmischung ist uns wichtig, wir sind eine Kiezschule“, betont Andreas Kolbe. „Die Rixdorfer Schule ist eine Schule für alle“, meint auch die Elterninitiative, die wir euch demnächst näher vorstellen werden.