Baklava aus der Oberliga
Verführerisch türmt sich das zu Pyramiden gestapelte Baklava im Schaufenster. Im eleganten, orientalisch angehauchten Interieur werden riesige Tabletts mit verschiedenen Sorten Baklava präsentiert, außerdem Teller mit Dattel- und Sesamkeksen. Mit am beliebtesten: Mabroume, das sind Rollen, die mit Pistazien gefüllt und mit dünnen Teigfäden aus Kadiyif, auch Engelshaar genannt, umhüllt werden. Bevor sie in Scheiben geschnitten werden, übergießt man sie mit Zuckersirup – aber nicht in rauen Mengen, erklärt Inhaber Bilal Alhalabi. Bei Baklava für 16 Euro pro Kilogramm werde in der Regel viel Zucker verwendet – ein billiger Geschmacksträger. „Wir spielen in der Oberliga, bei uns kostet das Kilo 28 Euro“, sagt der junge Chef selbstbewusst. In der Palast Konditorei besteht die Baklava zu 80 bis 90 Prozent aus Nüssen, vor allem Pistazien. Nur die allerbesten werden eingekauft, sie kommen aus dem Süden der Türkei, nahe der syrischen Grenze. Auch bei Ghee, der geklärten Butter, gibt es riesige Unterschiede. „Wir verwenden nur das allerbeste und das schmeckt man“, ist sich Bilal Alhalabi sicher. Er erzählt, dass sich anspruchsvolle Kund:innen – und von denen gibt es viele in Neukölln – ein Stückchen Halawat el Jibn zum Probieren lassen geben, wenn sie eine arabische Konditorei testen wollen. Wenn der spezielle Käse, mit dem diese beliebte orientalische Süßspeise zubereitet wird, ganz frisch ist, wissen sie: hier stimmt die Qualität.
Syrische Bäcker verstehen ihr Handwerk
Lange Zeit kannte man in Berlin nur türkisches Baklava. Aus dieser Zeit stammt noch das Vorurteil „viel zu süß“. Arabisches Baklava ist dagegen weniger zuckerlastig und zudem knuspriger. Mit dem Zuzug syrischer Geflüchteter wurde das Backwerk auch bei uns immer beliebter. Denn die Syrer gelten als die Meisterbäcker des Orients. Auch Familie Alhalabi, die aus dem Gazastreifen stammt, beschloss vor einigen Jahren, syrische Backprofis einzustellen. „Wir wollten ganz bewusst einen Beitrag leisten zu ihrer Integration in den Arbeitsmarkt, gleichzeitig aber auch von ihrem Können profitieren – eine klassische Win-Win-Situation“, erklärt Bilal Alhalabi. Der Vater und der Onkel von Bilal Alhalabi hatten mit einer Konditorei im Wedding den Grundstein für das Familienunternehmen gelegt, es folgten eine kleine Filiale in der Sonnenallee 12 (nahe Hermannplatz) und Anfang 2020 schließlich das Geschäft im Eckhaus Sonnenallee 35. Alle 15 Angestellte stammen aus Syrien. Sie haben aus der alten Heimat nicht nur überlieferte Rezepte, sondern auch ihre langjährige Erfahrung mitgebracht. Sie wissen, wie man den Teig hauchdünn ausrollt, ohne dass er reißt. In der Backstube der Palast Konditorei in Tempelhof bereiten sie täglich Pistaziennester, Istanbolia und all die anderen Leckereien zu.
Arabische Konditoreien boomen in Neukölln
Über ein Dutzend arabische Konditoreien gibt es mittlerweile in der Sonnenallee. Klar, die Konkurrenz sei zu spüren, sagt Bilal Alhalabi. Behaupten könne man sich nur über die Qualität, nicht über den Preis. Zur Kundschaft gehören auch Tourist:innen, gerade Engländer:innen stehen offenbar auf das klebrige Backwerk. An Festtagen wie Ramadan oder Weihnachten brummt der Laden. „Viele nehmen gern Baklava mit, wenn sie zum Essen eingeladen sind“, erklärt der Chef. Und für all die Menschen in Deutschland, die keine arabische Konditorei in ihrem Kiez haben, gibt es den Online-Versand.