Gar nicht abgehoben: die 48 Stunden Neukölln
Es waren die wohl heißesten 48 Stunden, die es jemals gab. Bei über 35 Grad im Schatten hielten sich zumindest tagsüber die Besucherscharen in Grenzen. Allerdings waren größere Menschenansammlungen aus den bekannten Gründen ohnehin nicht erwünscht. Ob es nun die Hitze oder die Fußball-EM war - ins Atelierhaus Schönstedtstraße 13 verirrten sich nur wenige Interessierte. Doch die konnten ungestört mit den Künstlerinnen und Künstlern plaudern. Es ist gerade dieser persönliche Kontakt, der den besonderen Charme des Festival ausmacht. Bildhauer Simon P. Schrieber aus dem Erdgeschoss beantworte bereitwillig neugierige Fragen, etwa wie lange an seinen Skulpturen arbeitet („mehrere Monate“) und ob er ein Lieblingsstück hat. Er hat. Es ist „Die Neuköllnerin“, eine verschleierte Frau, die unter all den nackten Skulpturen besonders ins Auge sticht.
Mehr als 20 Bildende Künstler:innen arbeiten in der Schönstedtstraße 13, einem öffentlich geförderten Atelierhaus aus dem Atelierprogramm des Berliner Senats. Sie alle sind sehr froh über die bezahlbaren Mieten und die gesicherten Mietverhältnisse. „Das Wichtigste ist für uns ein Raum zum Arbeiten“, sagte eine Malerin. Sie hatte einige ihrer Bilder im Hof ausgestellt, denn in die Ateliers durfte nur eine begrenze Anzahl von Personen hereingelassen werden. Kontaktverfolgungslisten, Abstandslinien auf den Boden pinseln – der Aufwand sei ganz schön hoch, meinte die Malerin.
Der Hermannplatz duftet
Nach der überwiegend digital gehaltenen Ausgabe 2020 war es diesmal ein hybrides Festival – mit strengen Corona-Auflagen. Rund 75 der insgesamt 250 Beiträge fanden als Live-Stream, Online-Ausstellung oder in anderen digitalen Formaten statt. Außerdem gab es viele Schaufensterausstellungen, so auch im Keramikatelier Ceramic Kingdom in der Reuterstraße 20. Das Thema in dieser 23. Ausgabe der 48 Stunden Neukölln war Luft. „Luft umgibt uns alle, durchdringt uns, ist unsichtbar und allgegenwärtig.“, heißt es in der Themenbeschreibung. Seit jeher träumen Menschen davon, in die Lüfte aufzusteigen oder das Fliegen zu erlernen. Auf der anderen Seite können Viren über die Luft übertragen werden und eine Krankheit verursachen, die uns die Luft zum Atmen nimmt. Diesem Spannungsverhältnis widmeten sich die über 600 Kunstschaffenden. Zum Beispiel mitten auf dem trubeligen Hermannplatz, wo am Samstagabend Texte über den „ambivalenten, hart umkämpften, schmuddeligen, lauten und leisen, sogar duftenden Hermannplatz" vorgetragen wurden. Dabei traf Gebärdenkunst von tauben Künstler:innen auf Lautsprache.
Wenn Neuköllner Kids kreativ werden
In den klimatisierten Neukölln Arcaden zeigten die Kinder und Jugendlichen was sie drauf haben. Und das war durchaus beeindruckend. In einem Raum waren Mobiles, Luftfahrzeuge, Flugvögel und andere phantasievolle Installationen ausgestellt. In einem kleinen Vorführraum wurden Videos gezeigt, die die Kids selbst gedreht hatten und in denen sie zum Beispiel über ihre Corona-Pause, über die Schule der Zukunft oder einfach über ihr Leben in Neukölln erzählen. Hoch her ging es derweil im Untergeschoss der Arcaden bei einem Breakdance-Battle.
Das Junge Kunst Festival fand bereits zum achten Mal als Festival im Festival statt. Beteiligt waren neben Schulen unter anderem das KinderKünsteZentrum in der Ganghofer Straße 3 und das Young Arts Neukölln in der Donaustraße 42.
Das Kunstfestival 48 Stunden Neukölln wurde wie immer vom Kulturnetzwerk Neukölln e.V. organisiert.
Viele Online-Beiträge kann man sich weiterhin anschauen:
Junge Kunst Festival
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