Lehrreich, bienenfreundlich und nachbarschaftlich: Mission Großstadtgärtchen
"Ich habe noch nie etwas gepflanzt oder gebaut“, gesteht Anna Capone, während sie mit einer Harke den Boden auflockert. Die Anwohnerin läuft hier täglich mit ihrem Hund vorbei und ärgerte sich regelmäßig über die zugemüllten Baumscheiben. Eines Tages wandte sie sich an das Quartiersmanagement (QM) und erfuhr, dass es einen Aktionsfonds gibt, mit dem nachbarschaftliche Aktionen wie etwa eine Begrünung finanziell unterstützt werden können. Auf der Suche nach Pflanzen landete sie dann im halb-öffentlichen Garten von Karin Zwick in Rixdorf – und schon hatte sie eine erfahrene Gartenfreundin gefunden, die ihr mit ihrem Know-how zur Seite stand.
Freut Menschen und Bienen
An diesem Sonntagnachmittag im Mai geht es ans Einpflanzen. Mit dabei: Bruno, der nicht sprechen kann, aber viel gärtnerische Erfahrung mitbringt und Chris Rothe, der für den 18-Jährigen Bruno in Gebärdensprache dolmetscht. Beide sind vom Verein etangos, der Menschen mit Handicaps mittels Naturpädagogik die gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen will. Die Holzumzäunung – hier sollte man übrigens den Baumscheibenflyer des Bezirksamtes beachten- steht schon. Ein Nachbar hat sie gebaut. Das dafür erforderliche Werkzeug, darunter eine Kappsäge und einen Akkubohrer konnte dank des Aktionsfonds-Zuschusses gekauft werden. Eingepflanzt werden robuste Stauden, die mit schlechtem Boden zurechtkommen und zudem bienenfreundlich sind: Ysop, Katzenminze, Wiesensalbei und Schafgarbe zum Beispiel.
Zur Nachahmung empfohlen
Immer wieder bleiben Passant*innen stehen und wollen wissen, was hier vor sich geht. Die vier freuen sich über das positive Feedback. „Die Aktion ist ein richtiger Kommunikator“, findet Karin Zwick. Nach nicht einmal einer Stunde ist es geschafft: der ungepflegte Bereich rund um den Baum hat sich in ein blühendes Gärtchen verwandelt. Chris und Bruno schleppen Gießkannen mit Wasser aus dem Haus, um die die neu gepflanzten Stauden gründlich zu wässern. „Ich hätte nie gedacht, dass es so einfach ist“, staunt die Initiatorin Anna. Sie will sich noch eine Nachbarin oder einen Nachbarn suchen, der ihr künftig beim Mülleinsammeln und Gießen hilft. Das ägyptische Restaurant war anfangs wenig begeistert. „Ich habe mich dann mit den Kiezhausmeistern von „Schön wie wir“ vernetzt und die haben einen arabisch sprechenden Kiezhausmeister vorbeigeschickt und um Verständnis geworben“, erzählt Anna. Mittlerweile helfen sie auch mal mit Strom aus und freuen sich über den Mini-Garten vor ihrem Geschäft. „Man lernt ganz schön viel bei so einer Aktion und ich kann sie jedem nur sehr empfehlen“, sagt Anna Capone. Alle Nachbar*innen können unterstützen die Kiezbäume und Baumscheiben zu pflegen und zu gießen. Unter https://www.giessdenkiez.de/ kann man sehen, welche Bäume und Baumscheiben gerade dringend Wasser benötigen oder wer welchen Baum bereits gegossen hat.
Geld und Werkzeug gibt’s im Quartiersbüro
Die angeschafften Werkzeuge wurden im Quartiersbüro Donaustraße 7 deponiert und können dort auch ausgeliehen werden. Alle, die im Quartier leben oder arbeiten, können einen Antrag für den Aktionsfonds stellen. Pro Jahr stehen 10 000 Euro zur Verfügung. Mit maximal 1500 Euro pro Maßnahme werden Ideen unterstützt, die die Nachbarschaft zusammenbringen oder das Wohnumfeld beleben. Über die Vergabe entscheidet eine Jury aus Anwohner*innen und Kiezaktiven. Angst vor dem Papierkram muss man übrigens nicht haben. Die Antragstellung ist unkompliziert und das mehrsprachige QM-Team unterstützt gern. Die nächste Frist für einen Aktionsfondsantrag ist der 21.08.2020.
Webredaktion