Ebru und die Kunst der Hingabe
Ebru ist eine uralte Maltechnik. Sie kommt ursprünglich aus Persien (abru bedeutet auf Persisch Wolke, denn die Kunstwerke ähneln Wolken) und gelangte während des Osmanischen Reichs in die Türkei. Richtig populär wurde sie aber erst in diesem Jahrtausend. Als Mine Güccük 2009 ihren ersten Ebru-Workshop beim Quartiersmanagement Rixdorf machte, hatte sie vorher noch nie davon gehört. „Eine Bekannte hatte es mir empfohlen, weil ich immer so gestresst war von der Arbeit“, erzählt sie. Ebru ist nämlich auch eine Meditation und wird in der Türkei für therapeutische Zwecke genutzt. Mine Güccük war gleich so begeistert, dass sie intensiv im Internet recherchierte und anschließend eine einjährige Ausbildung machte. Heute hat sie ein Atelier in Neukölln und gibt Ebru-Kurse - manchmal auch ehrenamtlich wie bei diesem Workshop. Über den Aktionsfonds wurden lediglich die Materialien finanziert – und die sind nicht ganz billig, vor allem wenn man wie Mine auf Qualität achtet. So sind die Pinsel aus Rosenstiel und Pferdeschwanzhaar. Die Tage vorher angerührten Naturfarben enthalten Ochsengalle.
Locker aus dem Ärmel geschüttelt
Acht Frauen sind an diesem Samstagnachmittag ins Quartiersbüro gekommen. Bis auf Cimen, die schon einmal Ebru gemacht hat, sind alle blutige Anfängerinnen. Eine nach der anderen stellt sich an die beiden Malbecken, die ein wenig an eine Baklava-Backform erinnern. Bei Ebru geht es - vereinfacht gesagt - darum, mit einem Pinsel Farbe in ein mit spezieller Flüssigkeit gefülltes Becken tropfen zu lassen. Dadurch entsteht ein marmorierter Hintergrund, wobei die Farben nicht ineinander fließen, sondern jede ihren individuellen Farbton behält. Wichtig ist die absolute Hingabe und Konzentration. „Nicht so hektisch, Chantal!“ ermahnt Mine eine Teilnehmerin. Die Psyche spiele bei der Ebru-Malerei eine ganz große Rolle, erklärt die Kursleiterin: „Es hängt von der Stimmung ab, welches Bild entsteht und es ist nie das gleiche, selbst wenn es die gleiche Person ist, die genau die gleichen Farben verwendet.“ Jedes Bild ist also ein Unikat. Die meditative Versenkung wird verstärkt durch die Sufi-Musik, die im Hintergrund läuft. „Die gehört zur Ebru-Malerei unbedingt dazu“, erklärt Mine.
Auch Männer dürfen beim zweiten Workshop mitmachen
Nach dem Tropfen der Farbe wird ein spezielles Papier auf die Flüssigkeit gelegt. Nach wenigen Sekunden hat es die Farbe absorbiert und kann vorsichtig abgezogen werden - fertig ist das farbenprächtige Kunstwerk. Die Frauen sind begeistert und bewundern und fotografieren gegenseitig ihre Bilder.
Natürlich ist das nur die Grundtechnik. Mit Kämmen und Nadeln kann man feine Muster ziehen, etwa die beliebten floralen Motive. Doch das ist eher etwas für Fortgeschrittene. „Es ist schön, dass es über das QM dieses Angebot gibt“, findet Mine Güccük. Zu zeigen, welche Möglichkeiten es gibt, sich künstlerisch auszudrücken tue auch dem Kiez gut.
Der zweite kostenlose Workshop am 22. Juni ist offen für Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger.
Webredaktion