Eine Botschaft, die Früchte tragen soll
Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein sind wichtige Themen, die den Neuköllner Stadtteilmüttern in den Basiskursen vermittelt werden und die sie in die Familien tragen. „Aber wir haben festgestellt, dass die Verwendung von gebrauchter Kleidung oder geretteten Lebensmitteln für viele ein Tabuthema ist“, erklärte Leyla Çelik vom Diakoniewerk Simeon gGmbH, dem Träger des Projekts Neuköllner Stadtteilmütter. Im Rahmen des des QM-Projekts „Unsere Küche im Donaukiez“ Organisierte Restlos Glücklich e.V. eine Multiplikatorinnenschulung für die Stadtteilmütter. Leyla Çelik, die als Koordinatorin für mehrere Quartiersmanagement-Gebiete zuständig ist, lud Anna und Yari von Restlos Glücklich e.V. ins Café der Magdalenengemeinde in der Karl-Marx-Straße 197 ein. Der Verein setzt sich für die Wertschätzung von Lebensmitteln ein. „Wir erhoffen uns Argumente, die die Familien überzeugen.“ Möglichst wenig Lebensmittel wegzuwerfen, nutzt schließlich nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Geldbeutel.
Auch krumme Gurken schmecken
Anna und Yari wollten zunächst von den Stadtteilmüttern wissen, warum viele Familien so ablehnend in Bezug auf Second Hand sind. Warum sind Apps wie „Too Good To Go“, wo man sich für ein paar Euro Lebensmittel abholen kann, in den Communities so wenig verbreitet? „Stolz und Scham“ meinten die Frauen. Auf der anderen Seite gibt es, kulturell bedingt, auch sehr positive Gewohnheiten. So werden oft große Mengen eingekauft und gekocht. Was übrig bleibt, wird verschenkt - manchmal sogar über eine App - oder eingefroren. Anna und Yari schilderten, wieviel Arbeit, Energie und Rohstoffe nötig sind, bis der Apfel oder die Kartoffel auf unserem Teller landen. Die beiden hatten erschreckende Zahlen parat: 30 Prozent vom angebauten Obst und Gemüse werden aussortiert, nur weil es von der Optik her nicht perfekt ist, etwa krumme Gurken oder zu kleine Äpfel. 18 Millionen Tonen Lebensmittel werden pro Jahr in Deutschland weggeworfen, die meisten davon in der Gastronomie und in Privathaushalten. Bewusster Einkauf und die richtige Lagerung sind gute Möglichkeiten, dem abzuhelfen. Yari und Anna gaben außerdem den Tipp, Kiezkühlschränke zu nutzen oder sich Foodsharing-Gruppen anzuschließen, wo man sich kostenlos Lebensmittel abholen kann.
Chips aus Schalen und Brotbuletten
Weil nichts mehr überzeugt als die Praxis, ging es anschließend ans gemeinsame Kochen. Vier Rezepte hatten Anna und Yari mitgebraucht. Sie bestanden fast ausschließlich aus Lebensmitteln, die sie in einem Bio-Supermarkt als überschüssige Ware abgeholt hatten. Weil Brot sehr häufig im Müll landet, wurde es gleich in zwei Gerichten verarbeitet: Rote Beete-Brotbuletten und Brotsalat. Außerdem wurde ein Gemüseeintopf und - zur Verwunderung aller Teilnehmerinnen – Gemüsechips aus Schalen zubereitet. Aus den Schalen von Kartoffeln, Möhren und anderem Gemüse lassen sich nämlich knusprige Chips zaubern.
Weniger Fleisch zu essen, macht schlank
Anschließend wurde gemeinsam gegessen. „Sehr lecker“ fanden alle. „Die Brotbällchen mach' ich auch mal, das geht auch mit Reis oder anderem Gemüse“, meinte eine Teilnehmerin. Beim Essen wurden Erfahrungen ausgetauscht und es gab einiges zum Lachen, etwa als Anna wissen wollte, ob in den Familien immer Fleisch auf den Tisch kommt. Die einhellige Erfahung der Stadteilmütter: es sind die Männer, die darauf bestehen. „Einfach mal an der Eitelkeit packen“, riet Anna. Vegetarisch zu essen ist nicht nur gesund, es lässt auch häufig die Pfunde purzeln.
Webredaktion