US-Cornflakes, mexikanische Limo und Hip Hop
Von außen wirkt der kleine Laden an der Ecke Donaustraße wie ein Späti. Ein paar einfache Holztische stehen davor, es läuft Hip-Hop-Musik. Drinnen ist jeder Zentimeter vollgepackt, sogar Wände und Decke sind dekoriert mit Cornflakes-Packungen, darunter auch limitierte Ausgaben, die als Sammlerstücke für mehrere Hundert Euro gehandelt werden. Ob Cheese Curls, Peanut Butter Crunch, Cornflakes mit Sucuk-Geschmack oder Tortillaröllchen mit Honig-BBQ– einige davon bekommt man nirgendwo sonst in Berlin. Inhaber Haydar Çaglar bestellt sie direkt in den USA. Dazu kommen Limonaden aus Mexiko, Soßen und Dips sowie Süßigkeiten wie Lutscher und Bonbons, viele davon ebenfalls aus den USA oder aus Belgien. „Ich wollte ein wenig Exotik in die Hood bringen“, erklärt Haydar, der früher Rapper war und nun sozusagen Cornflakes-Influencer ist.
Eine Schüssel Cornflakes geht immer
Den Laden betreibt Haydar zusammen mit seiner Mutter Gül, und das schon seit 12 oder 13 Jahren, so genau wissen sie es selber nicht. Bis Anfang 2020 war es ein normales Café. Kurz vor Beginn der Pandemie überraschte Haydar seine Mutter mit einer Idee für ein neues Konzept: eine Cereal-Bar. „Ich bin viel gereist, Barcelona und Amsterdam zum Beispiel und da gibt es überall diese Schlemmerläden“, erzählt Haydar. So etwas fehlt hier im Kiez, dachte er sich und weil er schon als Kind gerne Cornflakes gegessen hat, sollten es schwerpunktmäßig Cerealien sein. „Cornflakes sind ja eigentlich ein Arme-Leute-Essen, eine Schüssel davon ist für jeden erschwinglich und macht satt“, erklärt Haydar. Eine Bowl, wahlweise mit Kuh-, Hafer- oder laktosefreier Milch, kostet 4,50 Euro. In der Vitrine locken außerdem hausgemachte Kuchen. „Die backe ich selber, am beliebtesten ist mein Nutella-Kuchen“, sagt Gül Çaglar. Das Mutter-Sohn-Gespann hat die Krise mit Ach und Krach überstanden. Einfach sei es nicht, sagen sie. Dass sie lange Zeit keine Gäste an Tischen bewirten durften, macht sich beim Umsatz bemerkbar.
Treffpunkt für die Rapper-Szene
In der Cereal-Bar trifft man schon mal Schauspieler aus dem Film „Fack ju Göthe“ oder angesagte Underground-Rapper aus ganz Deutschland. Hier wurden mehrere Videos gedreht und gelegentlich legen DJs auf. „Die Top Ten der Rapper-Szene war schon bei uns“, sagt Haydar stolz und und zeigt die Fotos an den Wänden, etwa von Ezhel, einem bekannten türkischen Rapper. In letzter Zeit komme es öfter vor, dass Leute nur reinkommen, um Fotos zu machen und sie anschließend zu posten, so angesagt ist der Ort inzwischen. Seine Mutter, die tagsüber im Laden steht, habe zum Teil eine andere Kundschaft, meint Haydar: „Da kommt dann auch die alte Dame aus der Nachbarschaft, die ein Stück Kuchen isst und sich mit ihr unterhält.“ Genau das soll der neue gendergerechte Name Neuköllner_innen auch ausdrücken, betont Haydar. Ob Hipster, queer, Alteingessessene, Touri oder Techno-Fan- hier sind alle willkommen